Zur Nacht gehört die Antithese

Andreas Gryphius‘ Sonett „Abend“ Die barocke Angst entspringt der Erkenntnis, dass alles im Leben verdreht ist, wenn es keinem höheren Zweck mehr dient. Es gibt Gedichte, die das zum Ausdruck bringen, wie Andreas Gryphius‘ Sonett „Abend“. Dieses Gedicht aus dem Tagzeitenzyklus hat einen Ernst, der einem Tattoo glänzend zu Gesicht stünde. Denn das Gedicht ist in eminentem Sinne emblematisch. „Emblematisch“ bedeutet hier nicht nur „bildlich“, sondern „bildsprachlich“. Das Emblem macht aus dem in ihm enthaltenen Bild eine Aussage, meist moralischen Gehalts. Das barocke Gedicht weiß daher nicht viel von Gefühlen. So auch Gryphius‘ Abendgedicht. Es gibt keinen Mond in […]

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Grenzen der Aufklärung

Goethe im Jahr 1774. Bleistiftzeichnung von Georg Friedrich Schmoll. Goethe im Verhältnis zur Aufklärung Die Idee der Aufklärung vermochte sicherlich auch in Deutschland die Gebildeten an sich zu fesseln. Hätte es den entsprechenden Wettbewerb vor 250 Jahren bereits gegeben, das Wort „Aufklärung“ wäre gewiss zum „Wort des Jahres“ erklärt worden. Auch der junge Goethe scheint freudig erregt, wenn auch mit schlechtem Gewissen, denn studiert hat er Kant freilich nicht. Aber er greift begeistert zur Feder, um sich in Briefen mit Freunden über alle möglichen aktuellen Themen in aufgeklärter Manier auszutauschen. Unter den Stimmen der Aufklärer um ihn herum lassen […]

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