Deserteure, Zuchthäusler und Verbrecher

Expressionismus und Gewalt   Die Expressionisten brauchten offenbar die Konfrontation mit der Gewalt. Gottfried Benn erinnert in dem Vorwort der 1955 erschienenen Gedichtsammlung „Lyrik des expressionistischen Jahrzehnts“ daran, wie sehr diese Stilrichtung die Zeitgenossen gerade wegen dieses Aspekts herausgefordert hat. Und Benn scheint genau daran seinen Spaß zu haben: „Deserteure, Zuchthäusler und Verbrecher“ seien die Expressionisten, zitiert Benn aus „einem Verlagsalmanach wörtlich“. Ist also der Expressionismus als „eine Art Ku-Klux-Klan“ zu betrachten? – folgert der Dichter in ironischer Zuspitzung der zeitgenössischen Kritik. Ganz entschieden, so Benn, sei die Meinung abzuwehren, dass der Expressionismus geradezu sadistische Lust an der Gewalt […]

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Nur für einen Gott gemacht

  Goethes „Faust“ als offenes Drama Die, von Schiller und Goethe bevorzugte, geschlossene Form des Dramas löst sich bei Goethe selbst wieder auf, und zwar im „Faust“, diesem in mehrfacher Hinsicht potenzierten Drama, das wie ein Welttheater über Welttheater erscheint. Denn im „Faust“ kehrt Gustav Freytags Dramenschema gleich mehrfach wieder, im ersten Teil bekanntlich das erste Mal in der Gelehrtentragödie und das zweite Mal in der Gretchentragödie. Goethe spielt mit den Formen, indem er dem ersten Teil der Tragödie die „Zueignung“, das „Vorspiel auf dem Theater“ und den „Prolog im Himmel“ voranstellt. So entsteht ein Spielraum, der, wie es […]

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