Ein Nachtstück

I

Reg dich nicht auf, pflegte Max zu sagen. Aber Max hatte gut reden. Schließlich hatte er nicht die durch das Fenster der Villa scheinenden Kerzen gesehen. Er hatte keinen Grund, ängstlich zu sein. Er würde es nie über sich bringen, zuzugeben, dass er Zweifel hinsichtlich der alten Dame habe. Er hätte sie begleiten sollen an jenem Abend im August. Es musste gegen zehn Uhr sein, als sie durch die Straße ging, in der die vornehmsten Leute ihrer Stadt wohnen. Hunderte Wagen und blitzende Motorroller standen zwischen den Bäumen der Allee, und in den Hinterhöfen der Gasthäuser dieser Straße schrien die Leute vor Freude über den Sommer.

Die Tür stand offen. Vor ihr auf dem Tisch lag ein Buch, daneben zog sich ein Spinnennetz über die ausgedienten Stühle. Über der Eckbank hing ein Kreuz, hinter dem ein farbloses Blumensträußchen klemmte. Sie glaubte, Max zu hören, der dieses ja bereits geahnt hatte. Siehst du, eine vollkommen verwahrloste Küche! Sie lächelte.

Die Tür zum Esszimmer stand offen. Von dort kam das gedämpfte Geräusch, weshalb sie anfing zu zweifeln, ob die Bewohnerin, so wie Max es behauptete, tatsächlich verstorben war und das Haus unbewohnt. Ihr Herz klopfte, als draußen der Lärm der Motorroller anstieg. Alles schien noch in Ordnung. Die Dame saß der Tür gegenüber. Sie schaute vor sich hin, wie betrunken, furchtbar leer im Blick, ja ohne irgendeine Spur einer menschlichen Regung. Sie spürte, wie die Hitze an ihr hinaufkroch. Sie wünschte, sie wäre nicht durch das Unterholz gekrochen. Sie erklärt es der alten Frau hastig: Verzeihen Sie! Ich hasse mich selbst. Ich kehre gleich wieder um! Ob es wirklich die Frau war, von der Max gesprochen hatte? Was auch immer das war, was da in einer Art schmutzigem Schlafrock vor ihr saß, sie fühlte, sie wurde beobachtet.

Zur Sache, pflegte Max mit seiner schläfrigen Stimme zu sagen. Er hörte, wie sie keuchte. Es ist richtig, dass sie einander umarmten. Nach zwei Minuten wurde sie still. Zweifellos hatte jemand die gleiche Idee wie du, ist auf irgendeine Weise ins Haus gekommen, hat ein Weilchen dort geschlafen.

Nur mit Mühe gelang es ihr, den Rückweg hinaus in die Gasse anzutreten, bis zu der Stelle, wo immer neue Motorroller heranschwammen, Stimmen einzelner Personen auftraten, die sich in der Straße getäuscht hatten, und nur ein Hund aufgeregt und wild die fremde Frau, den Geist des Hauses, aus einiger Entfernung verbellte.