Eifersucht

Hartmut Lange: Das Haus in der Dorotheenstraße. Die intertextuelle Bezugnahme auf das Eifersuchtsdrama „Othello“ Shakespeares Stücke sind wesentlich Theater-Spiele, und zwar nicht nur dadurch, dass sie auf der Bühne gegeben werden. Spielerisch und humorvoll sind sie bereits als Texte, auch die Tragödien, weil sie frei vom Stofflichen sind. So entsteht ein Spiel-Raum, in den auch der Leser oder Zuschauer, der ohne größere Vorkenntnisse ist, einbezogen wird. Das erlaubt auch Gottfried Klausen, dem Protagonisten aus Hartmut Langes Novelle „Das Haus in der Dorotheenstraße“, die Grenzen seiner Welt, der Welt der „Fakten und deren Nachweisbarkeit“ (Hartmut Lange: Das Haus in der […]

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Brechts Philosophie der Liebe

Zur Darstellung der Liebe im Parabelstück „Der gute Mensch von Sezuan“ Die möglichen Begriffe von Wahrheit, die im Zusammenhang mit der Liebe ins Spiel kommen, sind sehr unterschiedlich. Wenn es heißt, dass wahre Liebe nur in poetischen Bildern ausgedrückt werden könne, dann steht damit ein anderer Begriff von Wahrheit auf dem Prüfstand als bei der Aussage, dass Wahrheit stärker als Lüge sei. Während die Wahrheit im Sinne wissenschaftlicher Forschung der Lüge nämlich eine Grenze setzt – und damit die Wirklichkeit auf Gesetze und Ausgangsbedingungen zurückführt – schlägt die Liebe hinsichtlich der Lüge eine andere Richtung ein. „Wahre Liebe“, was […]

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Das Gerücht von Sezuan

Vorspiel: Ankunft der Götter in Sezuan (Sezuan: 7–17) Dass es Götter gibt und dass einige von ihnen in Sezuan erwartet werden, ist ein nicht zu stillendes Gerücht. Der betrügerische Wasserverkäufer Wang zumindest erinnert daran. Immer sei es Zeit, an sie zu denken, suggeriert er. Kann man dem Verkäufer trauen? Wenn es stimmt, dass Götter das Ende des Denkens bedeuten, dann wäre Bertolt Brechts Parabel „Der gute Mensch von Sezuan“ bereits widerlegt. Denn die Götter der Parabel müssen denken, andauernd sogar. Dass dieser Zwang zum Denken, der Idee epikureischer Götter widersprechend, absichtsvoll jenen Wesen auferlegt ist, liegt auf der Hand. […]

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The fault is not in our stars

Die Schuld des Tempelherrn im Drama „Nathan der Weise“ Was bedeutet die Frage nach der Schuld im Zusammenhang des vorliegenden Dramas? Die Frage nach der Schuld des Tempelherrn beispielsweise wirft außer der Beteiligung am Kreuzzug noch weitere Fragen auf. Insbesondere ist die Frage nach der Art der Schuld zu erörtern und zu klären, wie viel ihm selbst davon anzulasten ist. Der Titel dieser Überlegungen bezieht sich übrigens auf ein Shakespeare-Zitat. Im Drama „Julius Caesar“ heißt es: „The fault, dear Brutus, is not in our stars, / But in ourselves, that we are underlings. – Nicht durch die Schuld der […]

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Lessings Gretchenfrage

Die kontroverse Religionsauffassung im Drama „Nathan der Weise“ Die Religion war zu Lessings Zeiten hochgradig kontrovers. Kirchliche Lehre, Schriftauslegung, kirchliche Praxis – an jedem dieser Bereiche konnte die Kritik ansetzen. Das Christentum musste sich, vor allem auf der katholischen Seite, um Argumente bemühen, denn das Autoritätsargument, Gott als letztgültige Instanz in allen wichtigen Fragen anzusehen, überzeugte nicht mehr. Man musste über alle drei Bereiche neu nachdenken und sich in ein neues Verhältnis zur Vernunft setzen. Im Bereich der Lehre ging es um die Wahrheit in der Frage, ob Gott sein unbegreifliches Wesen geoffenbart habe oder ob er ein Produkt […]

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Kritik des naiven Optimismus

Nathans Erziehungsauftrag Mehr als zwanzig Jahre vor dem Erscheinen des „Nathan“ (1779) bebte in Lissabon die Erde. In der Nacht vom 1. November 1755 kamen 30.000, nach manchen Zählungen 60.000 Menschen ums Leben. Voltaire knüpfte an seinen Eindruck von der „Mutter aller Katastrophen“ den Gedanken, dass naiver Optimismus nicht mehr zulässig sei. Betrogene Philosophen – schreibt Voltaire in seinem „Poème sur le désastre de Lisbonne“ – die riefen: Alles ist gut! („Tout est bien“). Der Glaube an Gottes Gesetz und Vorsehung wurde einer kritischen Prüfung unterzogen. Lessing schloss sich Voltaire an: Auch für ihn hatte infolge der Debatten über […]

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Nathan – Stuntman für die Vernunft

Nathan und Hiob Wie es sich im allerersten Auftritt bereits zeigt, hat Nathan einen Vorläufer in Hiob. Lessings Idee zu dieser Figur lässt sich aber nicht nur auf Hiob zurückführen – dessen Unglück, dessen Klage über die Ungerechtigkeit Gottes fast bis zu der Erschaffung der Welt zurückreicht –, sondern auch auf Shylock, den jüdischen Kaufmann von Venedig, die von Shakespeare erfundene Figur. Jede Analyse dieses Zusammenhangs führt aber auch zu dem Ergebnis, dass Nathan beispielsweise anders leidet als Hiob. Hiob ist der Stuntman für das Religiöse. Ihm muss Gott Rede und Antwort stehen, als jener rechtschaffene und untadelige Mann […]

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