Zur Nacht gehört die Antithese

Andreas Gryphius‘ Sonett „Abend“ Die barocke Angst entspringt der Erkenntnis, dass alles im Leben verdreht ist, wenn es keinem höheren Zweck mehr dient. Es gibt Gedichte, die das zum Ausdruck bringen, wie Andreas Gryphius‘ Sonett „Abend“. Dieses Gedicht aus dem Tagzeitenzyklus hat einen Ernst, der einem Tattoo glänzend zu Gesicht stünde. Denn das Gedicht ist in eminentem Sinne emblematisch. „Emblematisch“ bedeutet hier nicht nur „bildlich“, sondern „bildsprachlich“. Das Emblem macht aus dem in ihm enthaltenen Bild eine Aussage, meist moralischen Gehalts. Das barocke Gedicht weiß daher nicht viel von Gefühlen. So auch Gryphius‘ Abendgedicht. Es gibt keinen Mond in […]

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Ekel. Vanitas mundi

An eine Geschminckte Was ist an Euch/ das Ihr Ewr eigen möget nennen? Die Zähne sind durch Kunst in leeren Mund gebracht; Euch hat der Schmincke dunst das Antlitz schön gemacht/ Daß Ihr tragt frembdes Haar/ kan leicht ein jeder kennen/ Vnnd daß Ewr Wangen von gezwungner Röte brennen/ Ist allen offenbahr/ deß Halses falsche Pracht/ Vnd die polirte Stirn wird billich außgelacht, Wenn man die salben sich schawt vmb die Runtzeln trennen. Wenn diß von aussen ist/ was mag wol in Euch sein/ Alß List vnd Trügerey/ Ich bild mir sicher ein/ Daß vnter einem Haupt/ das sich […]

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