Die Säfte im Körper

Schiller und die Temperamentenlehre Was ist der Mensch? Edel, hilfreich und gut? Ist er ein Muster an Tugend oder maßlos neidisch, rachsüchtig und verzweifelt? Nach mittelalterlicher Vorstellung sind die im Menschen vorhandenen „Säfte“ (humores) für die unterschiedliche Charakterbildung ausschlaggebend. Der „dicke und dürre“ Saft der schwarzen Galle verhindere das Lachen. So wird der Melancholiker gedacht, der „neidische, traurige und furchtsame“ Mensch. Der Choleriker wird der gelben Galle zugerechnet, er gilt als „leidenschaftlich, jähzornig, autoritär und ehrgeizig“. Nach der Theorie der Ärzteschule von Salerno unter Constantinus Africanus, deren Einfluss bis ins 19. Jahrhundert bestimmend ist, sind Leber und Milz für […]

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Things go better with Coke!

Zur Naivität im Roman „Hiob“ In der Geschichte der Literatur konzentriert sich viel auf die Frage, ob und inwieweit naiv erzählt werden könne. Der Begriff des naiven Erzählens geht dabei den meisten Autoren weit über das hinaus, was wir aus dem Mund von Kindern vernehmen. Er erstreckt sich also nicht auf die Erzählungen der Kinder, obwohl sie vom Erzählen nicht lassen können, ja sogar schon zu erzählen beginnen, bevor sie den Sinn der Wörter überhaupt zu verstehen fähig sind. Naiv erzählen heißt also wie ein Kind zu erzählen, es kann uns mit Wehmut und mit einer gewissen Unbestimmtheit erfüllen […]

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Sympathy for Mr. Edwin?

Cadillac-Szene (Koeppen: Tauben im Gras): Erzähler und Figur Erzähler und Figur werden zu Recht als verbunden betrachtet. Der Erzähler ist zwar nicht die Kausalursache, aber doch die Bedingung, ohne die die erzählte Welt und die Figur nicht existieren. Aus der Darstellung der Figur lässt sich auf den Erzähler schließen. Dasselbe gilt umgekehrt. Diese Vorstellung soll nun anhand der Cadillac-Szene überprüft werden (Wolfgang Koeppen: Tauben im Gras, Suhrkamp: Berlin 2006, 43–45). Der Wagen des amerikanischen Konsuls, ein schwarzglänzender Cadillac, in welchem sich der amerikanische Schriftsteller Mr. Edwin befindet, erscheint an der Kreuzung einer fiktiven deutschen Großstadt. Mr. Edwin’s Gesicht wird […]

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Böses und Gutes, Böses ohne Gutes –

Tragische Schuld und Intrige in „Kabale und Liebe“ Glück und Unglück, so teilt es das bürgerliche Trauerspiel dem Zuschauer mit, werden auch in der bürgerlichen Familie fassbar. Und Glück und Unglück, ganz wie in der Tragödie – man nehme König Ödipus als Beispiel – kommen von derselben Seite. Und dass jemand, der das Gute will, zugleich das Böse schafft, begründet das Phänomen des Tragischen. Die dialektische Einheit von in den Figuren angelegten positiven und negativen Kräften lässt sich auch in Schillers Trauerspiel „Kabale und Liebe“ aufweisen. Vater Miller, so zeigt es sich, ist sich der tragischen Schuld nicht bewusst, […]

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