Rundgang um die Siegessäule

Joseph Roth: Rundgang um die Siegessäule (Berlin, 16. März 1921) Analyse einer literarischen Reportage (Klausurtext) EINLEITUNG Die vorliegende Reportage beschreibt das Interesse von Schaulustigen für den gescheiterten Anschlag auf die Berliner Siegessäule im unmittelbaren Bereich der Säule selbst, wenige Tage nach dem Ereignis vom 13. März 1921. Der Text, in der 64. Nummer des „Prager Tagblatt“ am 17. März 1921 erschienen, zeigt deutlich, dass der Autor, der Schriftsteller Joseph Roth, das Geschehen aus größerer Distanz betrachtet. Zwar kommentiert er es nicht direkt, schmückt es aber in einer Weise mit Details aus, dass die Darstellung komisch wirkt. Roths Reportage ist […]

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Und mein Herz blüht schwer

Doris – in die viel von der Biografie ihrer Schöpferin, der Berliner Schriftstellerin Irmgard Keun (1905 – 1982) eingegangen ist – ist eine der zentralen Gestalten der Literatur der Neuen Sachlichkeit. Die Wirklichkeit ist für Doris zunächst im Schaufenster zu finden. Doch zu ihrem Unglück ist Doris auch von Sehnsüchten bestimmt.

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Der Prinz

Joseph Roth: Der Prinz (Glosse vom 8.7.1922) Klausurtext und Aufgabenstellung EINLEITUNG Der vorliegende Text beschreibt das Leben des Prinzen Wilhelm nach der Abdankung des Kaisers. Der Text, in der Abendausgabe des „Vorwärts“ am 8.7.1922 erschienen, zeigt deutlich, dass sich der Autor der sozialdemokratischen Linie des Blattes verpflichtet fühlt. Der Autor, der Schriftsteller Joseph Roth, der für mehrere Berliner Zeitungen Texte geliefert hat, hat sich des ungeachtet mehrfach kritisch gegenüber dem letzten deutschen Herrscherhaus geäußert. Die in Form einer Glosse verfasste Satire ist als Mahnung zu verstehen, das Haus der Hohenzollern nicht allzu ernst zu nehmen. Der vorliegende Text beweist, […]

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Der Roman „Fabian“ – littérature engagée?

Beobachtungen zum Protagonisten und zum Erzähler Erich Kästner ist in ganz anderem Sinne Erzähler als Franz Kafka. Während Kafkas Erzähler versuchen in das Innere der Figuren zu blicken – und daher die personale Erzählperspektive wählen –, betrachten Kästners Erzähler die Figuren mit Distanz. Kafka interessiert sich für das Innere der Figuren, insbesondere für deren rätselhafte Scham und fortwährende Selbstanklage – Kästners Interesse gilt der Perspektive von unten. Das heißt, sein Berichtstil hat viel mit der Reportage gemeinsam. Dabei muss die engagierte von der neutralen Reportage abgegrenzt werden. Was muss darüber im Fall „Fabian“ gesagt werden? Die Titelfigur selbst scheint […]

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Noch einen Moment. Bald ist es so weit!

Erich Kästner: Jahrgang 1899 Interpretation Einleitende Bemerkungen: Kästners Gedicht handelt von den Erfahrungen der Vertreter des Jahrgangs 1899, genauer: von den Erfahrungen der Männer, die in der Weimarer Republik beruflich gesehen Aufsteiger oder Absteiger waren und nebenbei Adolf Hitlers Aufstieg ermöglicht haben. Die in der Form einer sozialkritischen Ballade verfasste Gesellschaftssatire erweist sich am Ende als Mahnung. Aus der Generation in der Krise kann nichts Gutes hervorgehen. Das Gedicht von Erich Kästner ist im Jahr 1928 erschienen. Bemerkungen zum Inhalt: Die ersten drei Strophen handeln von den Jugendjahren der aus dem Jahr 1899 stammenden Generation. Die in der letzten […]

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Der gekränkte Idealist

Erich Kästner: Fabian. Die Geschichte eines Moralisten Äußerlich scheint Fabian nicht viel anders als die Anderen geraten zu sein. Immerhin scheint er so attraktiv zu sein, dass sich die Frauen für ihn interessieren. Sein Charakter wird als passiv beschrieben. Als er schließlich eingreift und beschließt, einen Jungen vor dem Ertrinken zu retten, da hat er sich maßlos überschätzt. Dennoch betrachtet der Leser ihn freundlich, denn ihm kommt ohne Zweifel moralische Größe zu – zumal er einen idealistischen Freund an seiner Seite hat, der die Jugend der Welt zu vervollkommnen trachtet: Dr. Stephan Labude, der sich habilitiert über Gotthold Ephraim […]

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Erzähler verloren!

Über die Neue Sachlichkeit Der Erzähler ist, um es mit Walter Benjamin zu formulieren, eigentlich etwas „bereits Entferntes und weiter noch sich Entfernendes“ (Walter Benjamin: Der Erzähler. In: Der Autor als Produzent. Aufsätze zur Literatur. Reclam UB 18793: Stuttgart 2012, 28). Was die Literatur der Neuen Sachlichkeit angeht, lässt sich sagen, dass der Erzähler aus dem Blickfeld getreten und durch den Beobachter ersetzt worden ist. Alfred Döblin fordert ausdrücklich die „Entselbung, Entäußerung des Autors“ (Alfred Döblin: Schriften zur Ästhetik, Poetik und Literatur, hrsg. von Erich Kleinschmidt. Olten/Freiburg i. Br.: Walter 1989, 123). Der Wunsch nach einer Geschichte, ausgestattet mit […]

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