Kafkas Raumrevolution

Kleine Fabel „Ach“, sagte die Maus, „die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, daß ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, daß ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.“ – „Du mußt nur die Laufrichtung ändern“, sagte die Katze und fraß sie. Immer schon ist der Raum bei Kafka Thema. Die Maus, eine der bekanntesten Tierfiguren Kafkas, ist zunächst glücklich darüber, dass […]

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Kafkaeske Ironie

Der Proceß: Das erste Kapitel Es wird eine Geschichte erzählt, deren Titel auf einen Thriller im Gerichtsmilieu oder auf einen Krimi schließen lassen könnte. Die im ersten Kapitel dargestellte Verhaftung zieht sich besonders lange – und umständlich – hin, so dass der Fall des Verhafteten als besonders schwerwiegend erachtet werden könnte. Die Helfer und Funktionäre des Gerichts, Franz, Willem und der Aufseher sind dementsprechend, von ihrer Schadenfreude einmal abgesehen, ernst gestimmt. Erstaunlich ist nur, dass sie in entscheidenden Fragen sich nicht zu helfen wissen. So „praktisch“ – ähnlich ihren Dienstanzügen – und eilfertig sich auch die Wächter Franz und […]

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Kinder an die Macht!

Philipp Otto Runge: Die Hülsenbeckschen Kinder Romantische Kindheitsphilosophie am Beipiel: Achim von Arnim: Stolze Einsamkeit (1813) Im Walde, im Walde, da wird mir so licht, Wenn es in aller Welt dunkel, Da liegen die trocknen Blätter so dicht, Da wälz’ ich mich rauschend darunter, Da mein’ ich zu schwimmen in rauschender Flut, Das tut mir in allen Adern so gut, So gut ist’s mir nimmer geworden. Im Walde, im Walde, da wechselt das Wild, Wenn es in aller Welt stille, Da trag’ ich ein flammendes Herz mir zum Schild, Ein Schwert ist mein einsamer Wille, Da steig ich, als […]

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Die Katze ist überall zu finden

Kafkaeske Ironie Längst hat die Kafka-Forschung erkannt, dass Kafka durchaus witzig zu schreiben versteht. Kafkas Witz beruht gewöhnlich auf kühler Ironie. Was Kafkas Figuren sagen, klingt also verdächtig. Das Gesagte entspringt nicht der Wahrheit. Kleine Fabel „Ach“, sagte die Maus, „die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, daß ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, daß ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich […]

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Kafkaeske Ironie

K. und die Frauen: Leni K. s Verwirrung infolge der Verhaftung zeigt sich zum Beispiel in dem unangemessenen Umgang mit Frauen, in dem Fehlen einer von der Vernunft geleiteten Schamkontrolle. Dieser Umgang hat zwei Typen: Die Frau ist für den hilflosen K. entweder Geliebte (Elsa, Leni, die Frau des Gerichtsdieners) oder Mutter (Frau Grubach). Im ersten Fall sind K.s psycho-soziale Probleme klarer sichtbar als im zweiten. Seine Unterwürfigkeit gegenüber der Geliebten spiegelt den Prozess seiner zunehmenden Depersonalisation wider. Er kann dem Schrecknis der Liebe nichts entgegensetzen. Der Erzähler verzichtet dabei nicht darauf, K.s Unterwürfigkeit als Schwäche bloßzustellen. Er gibt […]

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