Die romantische Skepsis
Die Theoretiker der Goethezeit fragten nach dem Wesen der Romantik sicher anders, als wir es heute tun. Keine Rede ist dabei von Weltflucht, leerer Sentimentalität und verkitschter Stimmung. Solche Vorurteile gegenüber der Epoche werden dann zunichte gemacht, wenn sie an den Frühromantikern selbst und an ihrer Vorgeschichte geprüft werden.
Erschüttert ist nämlich das Vertrauen auf den klassizistischen Geschmack, das Vertrauen auf die Vorbildhaftigkeit der Alten. „Romantische Künstler arbeiten in dem Bewusstsein, den Ansprüchen des Schönen nicht gewachsen zu sein“ (Albert Meier: Klassik – Romantik. Reclam UB 17674: Stuttgart 2008, 33). Die Frage nach dem Wesen der Schönheit wird dadurch zur Frage danach, ob das Schöne objektiv vorhanden sei. Der Zweifel daran, dass das Schöne gleichwie die Natur einer bedeutungsvollen Weltordnung folgt, spiegelt den Unterschied zwischen dem romantischen und dem klassischen Stil. Der romantische Zweifel an der Ordnung der Welt und damit an der Objektivierbarkeit der Schönheit bedeutet jedoch nicht, dass die Romantiker die Welt meiden.
Bereits die Vorgeschichte ist von großer Bedeutung. Anstelle des harmonisch geordneten Naturschönen, vollendet abgebildet in den Werken der Antike, tritt die Neubestimmung des Selbst. Die Diskussion darüber, was denn das Selbst sei und in welcher Beziehung es zur Welt stehe, gehört zu der Epoche des Sturm und Drang.