Der Prinz

Kronprinz Wilhelm 1921 / Merkelbach

Joseph Roth: Der Prinz

(Glosse vom 8.7.1922)

Klausurtext und Aufgabenstellung

EINLEITUNG

Der vorliegende Text beschreibt das Leben des Prinzen Wilhelm nach der Abdankung des Kaisers. Der Text, in der Abendausgabe des „Vorwärts“ am 8.7.1922 erschienen, zeigt deutlich, dass sich der Autor der sozialdemokratischen Linie des Blattes verpflichtet fühlt. Der Autor, der Schriftsteller Joseph Roth, der für mehrere Berliner Zeitungen Texte geliefert hat, hat sich des ungeachtet mehrfach kritisch gegenüber dem letzten deutschen Herrscherhaus geäußert. Die in Form einer Glosse verfasste Satire ist als Mahnung zu verstehen, das Haus der Hohenzollern nicht allzu ernst zu nehmen.
Der vorliegende Text beweist, dass Joseph Roth sich insbesondere verpflichtet fühlt, literarischen Ansprüchen zu genügen. Das zeigt der Einstieg, das zeigt das Ende des Textes. Das zeigt der Stil der Hofreportage, der im Folgenden mit Rücksicht auf die vermutliche Intention des Textes untersucht werden soll.

HAUPTTEIL

  • INHALTSANGABE

Abgeschlossenheit bestimmt das Leben des Prinzen. Davon handelt der erste Satz (Z. 1).
Der zweite Abschnitt handelt von dem weich gepolsterten Auto des Prinzen und schildert die Ausfahrten, die den Prinzen durch Deutschland führen (Z. 2–9).
Darauf wird von seinem Frühstück berichtet (Z. 10–15).
Im nächsten Abschnitt geht es um die Jagdtrophäen des Prinzen, um die gewohnheitsmäßigen Ausritte und Begegnungen mit Förstern (Z. 16–24).
Weitere alltägliche Geschehnisse werden in den Blick genommen: die Mahlzeiten, die regelmäßigen Besuche eines Generals aus Berlin (Z. 25–32).
Der Prinz hat loyale Briefe aus der ganzen Welt zu beantworten. Frauen träumen von ihm, wie es im vorletzten Abschnitt heißt (Z. 33–41).
Am Schluss ist von der Großherzigkeit des Prinzen die Rede (Z. 42–44).

HAUPTTEIL

  • ANALYSE

Der Einstieg in den Text erfolgt über eine These, die nicht anders denn als ironisch verstanden werden kann. Denn „abgeschlossen“ ist der Prinz lediglich von den Regierungsgeschäften des Kaisers, der im Ruhestand ist, der Hofhaltung und dem aktiven Machtapparat. Paradox wird dann die Rede von dem bemitleidenswerten („armen“) Prinzen, wenn von der Vielzahl der ihm zur Verfügung stehenden Räume und der Bequemlichkeit seines Lebens gesprochen wird.
Die hoheitliche Sphäre begleitet den Prinzen überall. Kastanienbäume werden gewissermaßen geadelt, infolge seiner Gegenwart, d. h. sie bekommen ein mystisches Alter. „Uralt […] umrauschen [sie] seine Villa“ (Z. 2). Mystifikation ist in der Onomatopoesie des Prädikats „umrauschen“ angelegt – sicherlich mit ironischem Unterton zu verstehen. Ironie wird bereits fühlbar in der ersten Silbe am Anfang des Satzes (Alliteration).

 

Arbeitsanregung:

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