Von der Fabel ist in der Schule gelegentlich die Rede. Dabei wird selten die Frage gestellt, warum die Figuren der Fabel eigentlich Tiere sind. Lessing, der so viele Aspekte der Fabel berücksichtigt hat, hat diesen Aspekt merkwürdigerweise ausgelassen. Anscheinend hat er insgesamt darauf verzichtet, eine umfassende Darstellung der Gattung zu liefern. Für die Deutung der Erzählungen Franz Kafkas jedoch, die, um es zugespitzt zu formulieren, sämtlich Tiererzählungen sind, spielt dieser Aspekt die entscheidende Rolle.
Kleine Fabel
„Ach“, sagte die Maus, „die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, daß ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, daß ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.“ – „Du mußt nur die Laufrichtung ändern“, sagte die Katze und fraß sie.
Lösungsvorschläge:
Warum also sind die Figuren der Fabel Tiere?
- Weil es unter Umständen leichter ist, die Wahrheit durch ein Bild zu sagen, und Tiermetaphern (Löwe, Schaf, Esel usw.) bereits mit festen Eigenschaften (mächtig, arglos, faul) verbunden sind.
- Weil es ungefährlicher ist (Furcht vor Zensur und Strafe).
- Weil die meisten der von Kafka gespiegelten Menschen (Väter, Söhne, Beamte, Wächter usw.) riesenhafte Tiere (Ungeziefer, Parasiten) sind.
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