Wendezeiten

20160119-200002.jpg

Hofmannsthals „Brief“ im geschichtlichen Kontext

1. Bruch mit dem mittelalterlichen Weltbild (Aspekte)

Während sich auf dem europäischen Kontinent die Ländergrenzen neu ordnen, wird das englische Königreich unter Elisabeth I. zur Vormacht auf den Meeren (1588: Untergang der spanischen Armada). Auf dem Land bilden sich nach dem Ende der Religionskriege (1598: Edikt von Nantes) die modernen Staaten aus. Land und Meer werden neu verteilt.
Die Raumrevolution vollzieht sich auch im Bereich des Denkens. Das Bewusstsein für die Universalität des Raumes (Kopernikanisches Weltbild) und die Subjektivität der Raumvorstellungen (René Descartes) erwacht.

2. Aufbruch ins 20. Jahrhundert (Aspekte)

Die Technik des 19. Jahrhunderts ist nicht bei dem Dampfschiff (1835: Dampfschifffahrt auf dem Zürichsee) und der Eisenbahn (1825: Stockton and Darlington Railway) stehengeblieben. Schneller noch als erhofft zeigen sich die Fortschritte auf dem Gebiet der Elektrotechnik und der Elektrodynamik (1882/1884: Elektrizitätswerke in New York/Berlin), im Bereich des Funkwesens (1896: Radioempfänger) und des Flugwesens (1903: Erster Motorflug).

3. Globalisierung (Aspekte)

Mit dem Begriff „Globalisierung“ ist eine diffuse Vorstellung verbunden. Man meint sowohl das Problem des Fundamentalismus als auch die weltweite Verflechtung großer Firmen mit Hilfe der Globalisierung erklären zu können. Die Ostblockstaaten haben sich aufgelöst (1989), die westlichen Länder diskutieren, spätestens seit dem Einsturz der Twin Towers (9. September 2001), über den angeblichen „Kampf der Kulturen“ (Samuel P. Huntington: Clash of Civilizations?).

Arbeitsanregungen:

Hofmannsthals „Brief“ des Lord Chandos hat mit diesen Wendezeiten mindestens zweierlei gemeinsam: Er konfrontiert uns einerseits mit Francis Bacon (1561 – 1626), einem prominenten Vertreter neuzeitlichen Denkens, und führt uns andererseits, bedingt durch die Entstehungszeit des Briefes, in die Krise des Nihilismus hinein. Der „Brief“ weist also auf zwei Wendezeiten hin, auf den Bruch mit dem mittelalterlichen Weltbild und auf den Aufbruch ins 20. Jahrhundert.

  1. Von welchen Inhalten und Aspekten sind die drei Wendezeiten (1600, 1900, 2000) bestimmt? Ergänzen Sie das Schaubild.
  2. Die Sprachlosigkeit, von der Lord Chandos mit sublimen Formulierungen spricht, muss sich nicht zwangsläufig ergeben. Diskutieren Sie, wie eine neue Überarbeitung des Briefes Anfang des 21. Jahrhunderts ausfallen würde.