Schürzung des Knotens

Goethe: Iphigenie auf Tauris, II, 2 Goethes Schauspiel „Iphigenie auf Tauris“ gilt als klassisches Humanitätsdrama. Iphigenie verkörpert, was auszufüllen kein einzelner Mensch imstande ist: die „reine Menschlichkeit“, wie Goethe selbst, nicht ohne Selbstkritik, im Hinblick auf dieses Drama bemerkt. In der vorliegenden Szene (II, 2) wird Iphigenie mit einem der beiden Gefangenen konfrontiert. Es handelt sich um ihren Cousin Pylades, den Gefährten ihres Bruders, der von Iphigenie jedoch nicht erkannt wird. Die Priesterin nimmt dem Gefangenen die Fesseln ab. Hierauf kommt es zu einem folgenreichen Gespräch zwischen der Priesterin und dem Fremden. Iphigenie erfährt, dass Troja zerstört worden ist. […]

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Was wäre, wenn die Götter zu Staub zerfielen?

Iphigenies Konflikt mit den Göttern Die Aufklärung, vor allem in Frankreich, ist religionskritisch. Männer wie Descartes sind von dem festen Vorsatz bestimmt, alles von Grund auf anzuzweifeln und umzustürzen. Was wäre, wenn die Götter nicht existierten, wenn auch der christliche Gott zu Staub zerfiele? Hatten nicht bereits die von den Aufklärern bewunderten Schriftsteller der Antike ihr Misstrauen gegenüber der Religion geäußert? War Cicero zum Beispiel nicht davon überzeugt, dass die Religion der Philosophen („religio philosophorum“) nichts mit der Religion der Masse („religio vulgi“) gemein habe? Goethe übernimmt diese Gedanken in dem Schauspiel „Iphigenie auf Tauris“. Zunehmend wird Iphigenie sich […]

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Schwindel. Gefühle. Sehnsucht.

Die kindliche Liebe der Mignon Manchen Menschen scheint die Liebe besonders leicht zu fallen. Ihre Liebe ist unkompliziert, verschwenderisch, voll Sehnsucht und gleichermaßen unvernünftig. Solch einer – kindlichen – Liebe hat Goethe in Mignon, der Rollenfigur des vorliegenden Gedichts, lebendigen Ausdruck gegeben. Mignon verkörpert das „stille Verlangen nach dem Unendlichen“ (Friedrich Schlegel: Lucinde) und stellt damit den Inbegriff romantischer Liebe dar. Das Gedicht thematisiert Mignons Liebeskummer. Der Leser erfährt von der Abwesenheit ihres Geliebten. Mignon beklagt ihr Alleinsein. Vermutlich ist dem Autor daran gelegen, über den Einzelfall hinausgehend zu zeigen, dass der unbegrenzten, kindlichen Liebe unbegrenztes Leid entspricht. Nur […]

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