Die Sprache als Grenze der Welt

Sprache des Kalküls vs. Sprache der Evidenz Die Sprache schiebt der Natur den Riegel vor – dieser Gedanke zeigt sich bei Wittgenstein, aber auch im Brief des Lord Chandos (Hofmannsthal). Die Sprache ist, da sie nur in Begriffen zu scharfer Bestimmtheit gelangt, an die Logik gebunden. In der Metasprache werden die Regeln für diese Logik festgelegt. Der Sinn oder die Wahrheit sprachlicher Äußerungen erweist sich, abhängig von der Metasprache, also im Sinnzusammenhang logischer semantischer und syntaktischer Regeln. Diese vom frühen Wittgenstein (Tractatus logico-philosophicus) und im „Brief“ des Lord Chandos kritisch dargestellte Sprache ist eben nicht die Sprache der Evidenz, […]

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Ein brückenloser Abgrund

Kurze Typologie der Krise des Lord Chandos Die existentielle Krise des sechsundzwanzigjährigen Lord Chandos zeigt sich in der Unangemessenheit von Vergangenheit und Gegenwart, von Werk und Seele. Ein „brückenloser Abgrund“ (47,25) trenne sein gegenwärtiges Dasein von dem vergangenen, bekennt Lord Chandos. Unangemessenheit – das heißt einerseits: die Seele ist größer als das Werk. Lord Chandos betrachtet daher die Jugendwerke – also das, was er objektiv geleistet hat – mit einer gewissen Herablassung: „[B]in denn ich’s, der nun Sechsundzwanzigjährige, der mit neunzehn jenen ,neuen Paris‘, jenen ,Traum der Daphne‘, jenes ,Epithalamium‘ hinschrieb, diese unter dem Prunk ihrer Worte hintaumelnden Schäferspiele, […]

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Ein Brief an Francis Bacon

Die Pathologie der Ausdrucksformen Die Wirkung von Hofmannsthals Epoche machendem „Brief“ – am 18. und 19. Oktober 1902 in der Zeitschrift „Der Tag“ erschienen – beruht auf einem Paradox. Dieses führt die „geistige Krankheit“ des Absenders in selbstbewusst sich gebender Sprache vor. Lord Chandos, der fiktive Absender des Briefes, entschuldigt sich: Er werde von der Sprache Abschied nehmen müssen und seine schriftstellerische Produktion einstellen, da die Sprache ihm nichts mehr sage. Will der Leser das Paradox gedanklich richtig erfassen, so muss er dessen doppelte Bestimmtheit festhalten: einerseits das absurde Verhältnis zwischen Inhalt und Form, wenn der Absender des Briefes […]

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