Das Ohr als Lehrmeister der Sprache

Herder: Die Sprache als Affektausdruck Der bei den Romantikern gebräuchliche Begriff des Sprachorgans ist nicht in jeder Beziehung eine Metapher. Denn es ist die Energie eines Organs, ohne die die Entstehung der Sprache nicht denkbar wäre. Für Johann Gottfried Herder beispielsweise ist der Sprachursprung immer mit Affekten verbunden. Sprache entsteht aus dem Gefühl, ist als Sprache der allgemeinen, in uns wirkenden Natur emotionales und nicht repräsentatives Zeichen. „Schon die antike Theorie kennt diese Ableitung der Sprache aus dem Affekt, aus dem πάθος der Empfindung und der Lust und Unlust. […] Diese [Sprache] ist nicht das Werk einer bloßen Konvention, […]

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Spontaneität der Sprache

Herders dynamisches Sprachmodell Die Theorie der menschlichen Spontaneität bildet die Grundlage von Herders Preisschrift über den Ursprung der Sprache. Spontaneität ist das Thema jenes Zeitalters, in dem die Bestimmung des Menschen zum Problem geworden ist. Spontaneität ist in sprachlicher Hinsicht Ausdruck und Darstellung innerer Begriffe. Es wäre oberflächlich und künstlich, die Sprache stattdessen an allgemeine Begriffe knüpfen zu wollen. Allgemeine Begriffe, als Kennzeichen der einheitlichen Vernunft, finden sich in der Theorie des philosophischen Idealismus, bei Platon, Descartes und Leibniz. Für Herder dagegen gibt es keine abgesonderte Verstandeskraft, die sich der Sprache als Instrument bedient. Spontaneität (Selbsttätigkeit) bringt für ihn […]

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Über die Seelensprache

Herders Sprachursprungsfrage Die Sprachphilosophie in ihrer modernen Form beginnt mit der Epoche der Romantik. Denn das Interesse dieser Epoche an den „Seelenlandschaften“ des Menschen bedingt auch ihr besonderes Interesse an der Sprache, ist doch die Sprache, wie Wilhelm von Humboldt es ausdrückt, das „Organ der Seele“. Demnach werden die Seelenkräfte des Menschen, das, woraus die Psyche des Menschen sich bildet, „mit, in und oft nach der Sprache“ (Johann Gottfried Herder) vermittelt. Herder ist der Ansicht, dass es eine Seelensprache gebe. Sprache meint in diesem Zusammenhang die Mitteilung „innerlicher Merkwörter“, wobei an der Bezeichnung „Merkwörter“ schon deutlich wird, dass Sprache […]

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Natur-Sprache versus Menschen-Sprache

Die Sprache der Natur ist Sprache der Empfindung. Diese Sprache ist sowohl Pflanzen, Tieren als auch Menschen, so legt Herder es nahe, als ein Naturgesetz auferlegt: „Das war gleichsam der letzte, mütterliche Druck der bildenden Hand der Natur, daß sie allen das Gesetz auf die Welt mitgab: ‚Empfinde nicht für dich allein: sondern dein Gefühl töne!‘“ Die Gliederung verdanke ich Tilman Borsche: „Natur-Sprache. Herder – Humboldt – Nietzsche“, in: T. Borsche/F. Gerratana/A. Venturelli (Hg.): ‚Centauren-Geburten‘. Wissenschaft, Kunst und Philosophie beim jungen Nietzsche, Berlin/New York: de Gruyter 1994, 122. Die Menschensprache aber, um das Gegenteil zur mechanischen Natursprache zu finden, […]

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Über die Sprache des Menschen

Als Wirbel- und Säugetier ist der Mensch dem Tier untergeordnet, als Person ist er ihm entgegengesetzt. Demnach bestehen Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Gegensätze zwischen Mensch und Tier. Hinsichtlich der Sprache gilt: Sowohl der Mensch als auch das Tier sprechen. Bestimmte Wirbeltiere, Graupapageien zum Beispiel, können eine erstaunliche Vielzahl von Wörtern artikulieren. Wer jedoch den Begriff der Sprache in diesem Sinne verwendet, lässt die Darstellungsfunktion der Sprache unberücksichtigt. Es liegt auf der Hand, dass die Tier- und Menschensprache Signalsprache ist. So muht die Kuh, wenn sie gemolken werden möchte; so signalisiert der Mensch durch sein Räuspern, dass er angehört werden möchte. […]

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