Besser allein?
Karin Kiwus
Lösung
Im Traum
nicht einmal mehr
suche ich
mein verlorenes Paradies
bei dir
ich erfinde es
besser allein
für mich
In Wirklichkeit
will ich
einfach nur leben
mit dir so gut
es geht
GEDICHTINTERPRETATION
EINLEITUNG
Sie orientieren den Leser über den Text, indem Sie Titel, Autor und Erscheinungsjahr kurz benennen, den Inhalt knapp wiedergeben und die Thematik erschließen. Sie sollten außerdem zur Ihrer eigenen Deutungsthese hinführen, z. B.:
Das Gedicht besteht aus drei Sätzen, die eigentlich zur Prosa zählen. Es verweigert sich beinahe allem, was sonst von Gedichten erwartet wird. Es erzeugt keine Stimmung, geschweige denn eine Melodie. Es ist nicht besonders anschaulich. Karin Kiwus’ Gedicht unter dem Titel „Lösung“, 1979 erschienen, handelt von der Liebe, genau genommen von der unsentimentalen Liebe. Der zentrale Gedanke erscheint dabei in dialektischer Form. Die Autorin scheint für ihr Verständnis von Liebe zu werben. Das lyrische Ich sucht Liebe, die funktioniert. Der Titel „Lösung“ weist darauf hin.
HAUPTTEIL
Sie beschreiben formale und inhaltliche Aspekte:
– formale Aspekte, z. B.:
In diesen Versen wird wenig von Poesie spürbar. Der Leser ersieht jedoch aus den Zeilenumbrüchen, dass er es mit einem Gedicht zu tun hat. Die Dichterin hat dem zugrunde liegenden Inhalt eine auffällige Form gegeben und ihn damit von der Prosa unterschieden. Das Gedicht besteht insgesamt aus 13 Versen. Die Wörter und Verse sind dabei so angeordnet, dass eine dreigliedrige Struktur entsteht. Die dreizeilige Innenstrophe wird von zwei fünfzeiligen Außenstrophen eingerahmt. Schon bei oberflächlicher Betrachtung ist damit eine dialektische Struktur erkennbar. Vermutlich sind die beiden Außenstrophen als These und Antithese zu verstehen, die Innenstrophe dagegen als Synthese. Die Dichterin hat auf Reim und Metrum verzichtet.
– inhaltliche Aspekte, z. B.:
Gegenstand des Gedichts sind Reflexionen über die Liebe. Die erste Strophe (V. 1–5) handelt dabei von der romantischen Vorstellung, dass die ideale Liebe das verlorene Paradies wiederherstellen könne. Das lyrische Ich verwirft diese Vorstellung von der Liebe: Das eigene Glück hänge nicht vom Partner ab.
Vielmehr sei jeder Partner auch in dieser Frage auf sich allein gestellt. So legt es das lyrische Ich in der zweiten Strophe (V. 6–8) nahe. Es möchte seine Ideale lieber für sich allein erfinden.
Das Gedicht schließt betont sachlich-distanziert mit einer funktionalistischen Definition dessen, was in Liebesgedichten gewöhnlich „Liebe“ heißt.
Sie deuten inhaltliche, sprachliche und formale Aspekte im funktio-
nalen Zusammenhang, z. B.:
Karin Kiwus’ Gedicht enthält Reflexionen über die Liebe. Es kann bei der Gedichtanalyse daher weniger um das Gedicht als Bild oder Klang gehen. Der Leser muss sich das Gedicht als Begriff vorstellen und besonders auf die Anordnung der Argumente achten. Er muss sich von logischen Überlegungen lenken lassen. So ist zunächst die Gegensätzlichkeit der Außenstrophen von Bedeutung. „Traum“ (V. 1) und „Wirklichkeit“ (V. 9) stehen in diesen Strophen einander gegenüber.
Im Traum verdichtet sich das Selbstgefühl. Es ist daher nicht zufällig, dass dieser eigentlich romantische Gedanke mit dem Motiv des verlorenen Paradieses (vgl. V. 3) verbunden wird; der Traum ist geeignet, das Verlorene zum Sprechen zu bringen: „Im Traum / […] / suche ich / mein verlorenes Paradies“ (V. 1–4). So utopisch mag diese Strophe jedoch nicht enden; so gewiss die dargestellte Sehnsucht romantisch motiviert ist, so gewiss wird auch der Gedanke abgewiesen, dass für diese geistige Suche der Leib eines Anderen erwählt werden könnte: „[N]icht […] / [bei dir] / suche ich / mein verlorenes Paradies“ (V. 2–5).
[Noch zu ergänzen!]