Warum verschwinden Wörter?

Versuch über merkwürdige Verluste innerhalb des Sprachgebrauchs Die Übereinkunft zwischen sprachlichen Zeichen und den ihnen entsprechenden Lauten scheint die Vieldeutigkeit einzuschränken, die dem menschlichen Ausdruck in mancher Beziehung zu eigen ist. Man denke nur an das Lächeln und Weinen und die anderen Ausdrucksformen jedes Menschen, die zu allen erdenklichen Regungen seines Innern passen. Doch es stellt sich heraus: Auch die Welt der sprachlichen Zeichen ist weit, das Spinnennetz Sprache trägt niemanden sicher. Es sei überhaupt eine seltsame Sache mit den Namen – d. h. mit den sprachlichen Zeichen –, sagt Sokrates. Stell dir vor, ich sagte Pferd, sähe aber […]

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Das Gespenst vom Lande

Kafkas komische Seiten Wenn Kafka im „Prozess“ einen Witz macht, dann liegt meistens wie im Fall des Onkels vom Lande Ironie vor. Selbst der hilflos in den Fängen der Justiz sich windende Josef K. kommt sich in gewisser Hinsicht dem Onkel überlegen vor. Und so kann keine Beziehung zwischen ihnen aufkommen. K. hat nur Spott für das „Gespenst vom Lande“ übrig, das in der Tat wie eine mechanisch angetriebene Puppe im Leben seines Neffen erscheint, um nach einigen hilflosen Drehungen wieder daraus zu verschwinden. Sicher mangelt es dem Onkel an urbanen Sitten, an Gewitztheit und Gewandtheit – doch wie […]

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Zweimal Gretchen

Oder: Es war ein König in Thule Gretchen sah aus, als ob sie bis drei zählen könnte, doch war zu kümmerlich, als dass die Mutter sich an ihr hätte erfreuen können. Neuerdings trug die Tochter viele Ringe im Ohr und schwarze Lidstriche um die Augen, welche dadurch zwar tiefsinniger, jedoch nicht schöner wirkten. Die Mutter wandte die Augen ab, der Vater hatte die Entwicklung vorausgesehen. Wie gut es ihr geht, sagte der Vater, und jetzt spricht sie vom Sterben. Hör nur, welche Lieder sie singt!   Zweimal Gretchen Was diesem Gretchen geschieht, ist auch Goethes berühmten Gretchen aus der Tragödie […]

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