Grenzen der Aufklärung

Goethe im Jahr 1774. Bleistiftzeichnung von Georg Friedrich Schmoll. Goethe im Verhältnis zur Aufklärung Die Idee der Aufklärung vermochte sicherlich auch in Deutschland die Gebildeten an sich zu fesseln. Hätte es den entsprechenden Wettbewerb vor 250 Jahren bereits gegeben, das Wort „Aufklärung“ wäre gewiss zum „Wort des Jahres“ erklärt worden. Auch der junge Goethe scheint freudig erregt, wenn auch mit schlechtem Gewissen, denn studiert hat er Kant freilich nicht. Aber er greift begeistert zur Feder, um sich in Briefen mit Freunden über alle möglichen aktuellen Themen in aufgeklärter Manier auszutauschen. Unter den Stimmen der Aufklärer um ihn herum lassen […]

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Goethes „Faust“ als Theodizee

(Theater über Theater zur Anklage Gottes) Die Aufgabe einer Kritik Gottes lässt sich als Frage nach seinem Verhältnis zum Leid beschreiben. Zum allgütigen und allmächtigen Gott wird Gott ja erst dann, wenn er wirklich in die Verhältnisse eingreift. Spielt Gottes Güte aber eine Rolle angesichts der unzähligen, vergeblichen Versuche der Menschen, das Böse zu überwinden? Die menschliche Sphäre scheint mehr von bösen Dämonen, Erdgeistern bestimmt zu sein. Das, heißt es im „Faust“, ist selbst dem Teufel nicht recht: „Die Menschen dauern mich in ihren Jammertagen / Ich mag sogar die armen selbst nicht plagen“ (V. 297–298). Was die im […]

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Ginkgo biloba

Gingko biloba Dieses Baums Blatt, der von Osten Meinem Garten anvertraut, Gibt geheimen Sinn zu kosten, Wie’s den Wissenden erbaut. Ist es Ein lebendig Wesen, Das sich in sich selbst getrennt? Sind es zwei, die sich erlesen, Daß man sie als Eines kennt? Solche Fragen zu erwidern, Fand ich wohl den rechten Sinn: Fühlst du nicht an meinen Liedern, Dass ich Eins und doppelt bin? Interpretationshypothesen: Der Lieblingsbaum Johann Wolfgang von Goethes ist der Ginkgo-Baum, das lebende Fossil, das im 18. Jahrhundert auch in Europa heimisch wurde. Die Bildung des Blattes ist derart beschaffen, dass Goethe es „als Sinnbild […]

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Was ist klassisches Theater?

Was ist klassisches Theater? Wer glaubt, dass Gustav Freytag bei der Beantwortung unserer Leitfrage helfe, der braucht nur auf Goethes Dramen zu blicken. (Erst mit der „Iphigenie“ nimmt Goethe einen Stoff der Antike auf und bringt ihn in eine dramatische Form, über die Christoph Martin Wieland bewundernd sagt: „Iphigenie scheint bis zur Täuschung, sogar eines mit den Griechischen Dichtern wohl bekannten Lesers, ein altgriechisches Werk zu seyn.“ Schillers Kommentar aber muss unbedingt hinzu gelesen werden: „Sie [Iphigenie, Anm. d. Verf.] ist aber so erstaunlich modern und ungriechisch, dass man nicht begreift, wie es möglich war, sie jemals einem griechischen […]

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Am Golde hängt doch alles

Original: Goethe: Faust. Abend. Ein kleines reinliches Zimmer   Arbeitsanregungen: Auch die verträumte Marie, aus Büchners Drama „Woyzeck“, hat ein Ringlein in den Händen und betrachtet sich damit im Spiegel (Georg Büchner: Woyzeck, Mariens Kammer): Hat Schmuck für sie die gleiche Bedeutung wie für Margarete? Vergleichen Sie beide Szenen auch in formaler Hinsicht.

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Dies Bildnis ist bezaubernd schön

Doktor Faust und die Frauen – Entdeckung der Liebe? Der Besuch in der Hexenküche (V. 2337–2604) gehört zu der so genannten kleinen Weltfahrt Fausts – die zweite, große Weltfahrt wird im zweiten Teil der Tragödie dargeboten. Doktor Faust hat das Studierzimmer verlassen, er wächst infolge der Teufelswette über die wissenschaftliche Arbeit hinaus, um die Welt von anderer Seite kennen zu lernen. In Auerbachs Keller sieht er an den am Trinkgelage Beteiligten, was Maßlosigkeit bedeutet. Die fröhlichen Zecher, von Mephistopheles‘ magischen Künsten befeuert, sind völlig ungehemmt und verspotten alles, was in der Welt als heilig gelten könnte: Politik, Religion und […]

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