Eifersucht

Hartmut Lange: Das Haus in der Dorotheenstraße. Die intertextuelle Bezugnahme auf das Eifersuchtsdrama „Othello“ Shakespeares Stücke sind wesentlich Theater-Spiele, und zwar nicht nur dadurch, dass sie auf der Bühne gegeben werden. Spielerisch und humorvoll sind sie bereits als Texte, auch die Tragödien, weil sie frei vom Stofflichen sind. So entsteht ein Spiel-Raum, in den auch der Leser oder Zuschauer, der ohne größere Vorkenntnisse ist, einbezogen wird. Das erlaubt auch Gottfried Klausen, dem Protagonisten aus Hartmut Langes Novelle „Das Haus in der Dorotheenstraße“, die Grenzen seiner Welt, der Welt der „Fakten und deren Nachweisbarkeit“ (Hartmut Lange: Das Haus in der […]

Weiterlesen

Das Haus in der Dorotheenstraße

Eine Novelle nach dem Muster eines analytischen Dramas Der sich zum melancholischen Rachegeist wandelnde Held in Hartmut Langes Novelle „Das Haus in der Dorotheenstraße“ heißt Gottfried Klausen, ist Wirtschaftsjournalist, viel unterwegs, mit einer Vorliebe für gut recherchierte, präzise Berichterstattung. Kurz vor dem Abschluss der Erzählung kommt es zu mehr oder weniger offenen Ausfällen gegen die Frau des Helden, die diesen offenbar jahrelang betrogen hat. Der Erzähler lässt durchblicken, dass er Rache in diesem Fall für gerechtfertigt hält. Die Heuchlerin müsse die Strafe dafür fürchten, ihren Mann hintergangen zu haben: „[W]er da lachte, der sollte sich nicht allzu sicher fühlen. […]

Weiterlesen

Der unzuverlässige Erzähler

Der vermeintliche Tod des Grafen F… Heinrich von Kleist: Die Marquise von O… Es lohnt sich, mit einem Blick in die Sekundärliteratur zu beginnen, bevor die Lektüre der folgenden Passage Widerspruch hervorruft. Dirk Grathoffs Argumentation in seinem zweiten „Annäherungsversuch an eine komplexe Textstruktur“ (Dirk Grathoff: Heinrich von Kleist: Die Marquise von O… Drei Annäherungsversuche an eine komplexe Textstruktur. In: Interpretationen. Erzählungen und Novellen des 19. Jahrhunderts Bd. 1, Reclam Universal-Bibliothek Nr. 8413: Stuttgart 1988, S. 97–131) ist auf die zwei sozialen Instanzen abgestellt, denen die Marquise ihren Tribut zollt: die Familie, durch die die soziale Identität der Marquise verbürgt […]

Weiterlesen

Kleists Kippfiguren

In der wissenschaftlichen Kleist-Forschung ist die Kippfigur so etwas wie eine Leitidee. Das Inventar der kleistschen Figuren wird nicht nach guten und bösen Naturen aufgeteilt. Die Aufteilung geht mitten durch das Herz der Figuren. Die Kippfigur ist die Figur, die unerwartet in ihr Gegenteil umschlägt, wie ein bekanntes Beispiel aus dem Kanon optischer Täuschungen zeigt. Die dargestellte Frau ist nicht mit einer älteren Frau, deren große Nase eine Warze ziert, zu verwechseln. In den Augen der Marquise von O. – und damit auch aus der Perspektive des dadurch beeinflussten, „mitfühlenden“ Lesers – stellt sich Graf F. beispielsweise, um die […]

Weiterlesen