Iphigenie: Stand der Dinge

Wäre die Figur der Iphigenie nicht wiederholt vor ein moralisches Dilemma gestellt, wäre die dramatische Wirkung des Schauspiels dahin! Es liegt in der Absicht des Autors, dass die Emotionen, Gedanken und Wünsche der Figur nicht auf eine Richtung festgelegt sind. Iphigenie muss anders als zum Beispiel Orest hin und her gerissen sein zwischen dieser und jener Richtung. Sie muss Dinge mit Widerwillen tun, ihre Handlungen müssen paradox erscheinen.

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Die Schuld des Ahnherrn

Iphigenie und der Tantalus-Mythos Die Frage nach der Schuld ihrer Familie führt Iphigenie zum Tantalus-Mythos. So erzählt sie dem Skythenkönig von Tantalus, ihrem Urahn, dem schwerreichen Mann, dem Liebling der Götter. Dieser hat die Olympier dadurch beleidigt, dass er ihnen seinen Sohn Pelops, ohne überhaupt darum gebeten worden zu sein, geopfert und zum Mal gereicht hat. Die Olympier, Zeus vor allem haben Tantalus daraufhin aufgegeben und in die Unterwelt verbannt. Er muss in die unterste Unterwelt, den Tartarus, hinab, um dort für immer Hunger und Durst zu leiden. Die Götter haben den übermütigen Tantalus aufgegeben – nicht so Iphigenie! […]

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„Mein bist du!“

Liebe und Gewalt in „Kabale und Liebe“ Kabale und Liebe, II, 5 SZENENANALYSE Alle Zitate beziehen sich auf die Ausgabe im Hamburger Lesehefte Verlag, 2012. Es ist bemerkenswert, zu sehen, dass Liebe, stößt sie auf Widerstand, sich in ihr Gegenteil verkehrt. Was sich liebt, das tötet sich schließlich! Vermutlich ist Friedrich Schiller daran gelegen, diesen Konflikt auf der Bühne zu demonstrieren. Liebe und Gewalt bilden zumindest das Thema in der vorliegenden Szene. Ferdinand von Walter, der adlige Liebhaber aus Schillers bürgerlichem Trauerspiel „Kabale und Liebe“, meint, seine Liebe zu der Bürgerstochter Luise Miller hebe die Ständeschranken auf. Darum möchte […]

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Was ist tragisch?

Für die Tragödie im klassischen Sinn braucht es Helden von gewisser Größe, Helden, zu denen der Zuschauer aufschauen kann, Könige und andere vornehme Männer. Nur dann ist nämlich die so genannte Fallhöhe gegeben. Der tragische Held muss einen hohen sozialen Status bekleiden, damit der tragische Untergang möglich erscheint. Kurz: Nur wer hoch steht, kann tief fallen. Die Tragödie im klassischen Sinn wird außerdem durch die Schuld des Helden bestimmt. Der Held selbst ist es, dem die tragische Schuld anzurechnen ist. Für die Tragödie kommt als weiteres Merkmal hinzu, dass der Held selbst unwissentlich daran mitwirkt, dass seine Schuld aufgedeckt […]

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Liebe ist alles?

Von den Grenzen der Empfindung Kabale und Liebe, I, 4 EINLEITUNG Sie orientieren den Leser über den gesamten vorliegenden Text. Es liegt in der Absicht des bürgerlichen Trauerspiels „Kabale und Liebe“, die mit der Liebe verbundene Lebenslüge aufzuzeigen. Die Lebenslüge besteht in der Tabuisierung des zeitbedingten Konflikts, des Konflikts zwischen Adels- und Bürgerstand. Der Adelsspross Ferdinand von Walter meint, seine Liebe zu der Bürgerstochter Luise Miller hebe die Ständeschranken auf. Darum möchte er Luise für sich gewinnen und zur Ehefrau machen. Es liegt auf der Hand, wie unmöglich, ja bizarr solch eine Verbindung den Zeitgenossen erscheinen musste. Das Trauerspiel […]

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Alles gut?

Das Gnadenangebot des Kurfürsten Prinz Friedrich von Homburg: Vierter Aufzug, vierter Auftritt EINLEITUNG Für viele ist bereits das morgendliche Aufstehen Ausdruck des guten Willens. Frühaufsteher haben ihn gewiss in anderer Hinsicht nötig. Ohne den guten Willen verfehlen Vorsätze ihre Wirkung, verliert die Reue ihren Wert. Der gute Wille bildet schließlich den Charakter des Menschen. Heinrich von Kleist übernimmt diesen kantischen Gedanken in dem Schauspiel „Prinz Friedrich von Homburg“. Kleist scheint in dem Prinzen Charakterbildung demonstrieren zu wollen. Ist das Schauspiel daher als Erziehungsdrama zu betrachten? Dieser Vorstellung folgend wäre der Kurfürst der Erzieher des Prinzen und der Prinz durch […]

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